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<title>Totes Leben</title>
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<p>Zurück</p>
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<h2>Totes Leben</h2>
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<p class=MsoNormal>Wir haben unser Camp unmitelbar vor dem Wald aufgeschlagen.
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Die Sonne scheint warm durch den wolkenlosen Himmel hinab. Es ist wahrlich ein
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schöner Sommertag. Weit weg am Horizont ist die Gebirgskette zu erkennen, von
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der wir kommen. Vogelgezwitscher und eine leichte Brise begrüsst uns an diesem
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Morgen. Dieses fleckchen Erde blieb noch immer unberührt. Kniehohes Grass so
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weit das Auge reicht und Bäume in ihrer vollen Pracht. Es ist das Paradies auf
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Erden.</p>
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<p class=MsoNormal>Doch da ist dieser Wald. Wenn man das schöne Panorama auf
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dieser Seite betrachtet, spührt man etwas im Rücken, das dich jederzeit
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angreift. Wenn man sich umdreht erspäht man den Wald. Dieser Wald hat bis heute
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keinen richtigen Namen und er wird von allem gemieden. Wenn ich diesen Wald
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betrachte, durchströmt mich ein Gefühl der Angst. Er ist schwarz und wird stets
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von einem Nebel umhüllt. Es scheint so, als würde er alles gute um ihm herum
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aussaugen. Sogar das Licht verschwindet in ihm. Wie eine schwarze Lampe, die
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statt Licht Dunkelheit verbreitet. Wie ein Geschwür, das sich unaufhörlich
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ausbreitet. Es hat schon vieles geschluckt und nicht mehr ausgespuckt. Ganze
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Städte wurden förmlich über Nacht aufgegesen. Das Schicksal derjenigen, die
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nicht entkommen konnten ist ungewiss, denn niemand kam lebendig aus diesem Wald
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spaziert.</p>
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<p class=MsoNormal>Vor nicht alzulanger Zeit haben die stärksten Länder auf
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unserem Kontinent ihre Ressourcen vereint, um enfdlich herauszufinden, was sich
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in diesem verdamten Wald überhaupt abspielt. Man fing mit normalen Wissenschaftler
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an doch die kehrten niemals heim. Dann schikte man speziell trainierte Soldaten
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hinein doch die Ergebnisse sind ernüchternd. Ganze Einheiten verschwanden samt
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ihrer Ausrüstung spurlos. Zu einer solchen Einheit zähle auch ich und wir sind
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gerade dabei, in diesen Wald zu gehen. Unsere Mission lautet, dass wir
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vermisste Soldaten, die noch ein allerletzten Funkspruch mit ihrer Position
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senden konnten, finden und wieder raus bringen. </p>
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<p class=MsoNormal>Wir brachen unser Lager ab und machten uns auf den Weg durch
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das kniehohe Grass. Es waren etwa zwei Kilometer bis zum Wald. Auf dem Weg
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wurde es deutlich kälter und das Vogelgezwitscher verstummte. Die Menge der
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toten Bäume häufften sich und hier und da lagen Kadaver von toten Tieren, auf
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denen sich merkwürdige Balsen bildeten. Nach einer halben Stunde erreichten wir
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den Waldrand. Kein Gras wuchs mehr und wir waren in dicken Nebel gehüllt.
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Schwarze Bäume ragten hoch über uns hinweg und verschwanden im Nebel. Es
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erweckte den Eindruck, als wäre der gesamte Wald am leben und würde jederzeit
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den Mund über uns schliessen und uns verschlingen. Doch nichts geschah. Es war
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still. Nichts war zu hören ausser das knacksen toter Äste, wenn einer von uns
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mit seinen Stiefeln draufstand. Ich meinte, sogar meinen eigenen Herzschlag zu
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hören. Es bildeten sich kleine Wassertröpfchen auf meinem Gesicht, denn der
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Nebel wurde nun noch dichter. Wir traten in den schwarzen Vorhang aus Bäumen.
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Auf einen Schlag war es eiskalt. Meinen Atem gefror in der Luft und meine Beine
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fühlten sich seltsam schwer an. Unser Zugsführer gab uns das Zeichen, dass wir auf
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der Hut sein sollten. Wir zogen unsere Sturmgewehre und deckten unsere Seite
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ab. Ich war an hinterster Stelle und sorgte dafür, dass uns niemand in den
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Rücken fällt. Durch mein Visier checkte ich jede dunkle Stelle ab. Und so
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liefen wir stundenlang durch diesen toten Wald. Merkwürdigeweise verschwand der
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Nebel und die Sicht wurde klar. Doch das änderte nicht viel, denn es war
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stockdunkel und es war nichts als Umrisse zu erkennen. An einigen Stellen, die
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einer Lichtung ähnelten, wurde es doch ein ganz wenig heller und vereinzelt
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drangen doch noch Lichtsrahlen durch die Blätterdecke, die jedoch gleich
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wieder von der Dunkelheit verschlungen wurde. Die Stille biss uns irgendwann
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förmlich und es war nicht mehr auszuhalten. Nur einige „Siehst du was?“ oder
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„Was zum Teufel ist das?“ brach das Schweigen. Sonst begleitete uns stets das
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Rascheln der Blätter und das matschige Geräusch, wenn man in eine Lache trat.</p>
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<p class=MsoNormal>Nach stundenlangem Marschieren traffen wir auf grosse ovale
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Felsen, die 10 Meter aus dem Boden ragten. Sie waren feucht und ein merkwürdig
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regelmässiges Muster war auf dem Felsen zu erkennen. Ich wand den Blick von
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Ihnen ab und beobachtete weiter die Umgebung. Plötzlich bebte der Boden. Ich
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konnte mich kaum auf den Beinen halten und musste mich an einem Baum abstützen.
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Auch die anderen hielten sich nur schwer auf den Beinen. Die Äste wackelten und
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warfen ihre Blätter ab. Wir warteten bis es endlich aufhörte, doch es ging
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weiter. Und dann sah ich etwas bewegen. Es waren die angeblich festen Felsen,
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die ich noch kurz zuvor als merkwürdig gehalten habe. Es waren nähmlich keine
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Felsen, sondern riesige Monster, die sich nur eingerollt haben, wie gigantische
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Schlange, die sich schlafen gelegt haben. Und wir haben sie aus dem Schlaf
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geweckt. Beim Entrollen lösten sich Mos und Erde von den Geschöpfen und sie
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wirbelten Staub auf und schleuderten Schlamm in alle Richtungen. Ich brachte
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mich endlich in eine einigermassen stabile Lage und entsicherte mein Gewehr. Andere
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taten dasselbe und zielten auf das riesige Monster, das sich etwa dreissig
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Meter vor uns träge umherwältzte. Ich erkannte dicke Schuppen auf der Haut und
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dann konnte ich auch den Kopf sehen. Es war eigentlich gar kein Kopf, sondern
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nur ein stumpfes Ende, an dem sich ein hässliches rundes Maul befand, in dem
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mehrere Reihen gefärlich spitze Zähne zu sehen war. Wir waren alle bereit, das
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Feuer zu eröffnen, doch niemand drückte den Abzug. Der Lärm war ohrenbetäubend
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und der Boden bebte immer noch. Ich hielt den Atem an. Bei einer seinen Umwältzungen
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rammte das Geschöpf plötzlich ihren hässlichen Kopf in den Boden und wir wurden
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von den Beinen gerissen, als der Boden abermals heftig durchgeschüttelt wurde.
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Mein Gesicht schlug auf den nassen Waldboden auf. Als ich mich schnellstmöglich
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wieder aufrappelte, war das Monster gerade dabei, im Erdboden zu verschwinden.
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Als letztes tauchte der Schwanz ab, der gleich wie der Anfang aussah. Der Boden
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beruhigte sich allmählich wieder, doch das Geräusch des grabenden Monster war
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noch einige Sekunden zu hören bis es verklang. Und dann kehrte wieder die alt
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vertraute Stille ein. Jeder von uns war genauso versteinert, wie dieses Monster
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vorhin. Der Zugsführer brach zuerst das die Stille. „Wann sind wir denn
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endlich bei diesem verdammten Signal?“ Jetzt lösten sich auch andere und
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blickten einander an, als ob sie sich erkären könnten, was sie gerade gesehen
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haben.</p>
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<p class=MsoNormal>Es stellte sich heraus, dass es wenigstens nicht mehr weit
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war. Noch von diesem Ereignis noch betäubt, setzten wir unseren Weg fort. Es
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ging leicht einen Hügel hinauf und wir kamen nur müssig voran. Langsam gefror
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mir die Füsse ein, denn ich spürte sie kaum noch. Nach einer kleinen
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Kletterpartie war ich vollkommen erschöpft und wir legten eine kleine Pause
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ein. Doch ich erholte mich nicht wirklich. Vor allem weil wir unsere Rast
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mitten in einem verfallenen Dorf machten. Es war so dunkel, dass man nicht
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erkennen konnte, was sich in den offenen Türen und Fenster abspielte. Aus jeder
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Ecke hätte irgendein hässliches Wesen auf uns losgehen können. Und andererseits
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war immer noch diese Stille. Es ist einfach nicht auszuhalten. Nichts ist zu
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hören. Keine Tiergeräusche, kein Plätschern von Wasser, sogar die Blätter auf
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den Bäumen scheinen nicht zu rascheln. Mal abgesehen davon, dass die Baumkronen
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im Nebel verschwinden und gar nicht zu erkennen sind. Was erwartet uns denn
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noch in diesem Wald? Nach unserem Halt ging es einen Abhang entlang. Ich
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dachte, wir müssten schon wieder stundenlang umher marschieren, doch in diesem
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Augenblick entdeckte ich etwas nicht weit von unserer Position. Vor uns mitten
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auf dem Weg war ein anderes Lager aufgeschlagen. Auch andere von meiner Einheit
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waren darauf aufmerksam geworden und wir näherten uns mit Vorsicht. Zwei Zelte
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und in der Mitte eine gelöschte Feuerstelle. Die Kohle war kalt und nass, die
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Zelte durchlöchert und voll mit altem Laub. Wir entdeckten sogar noch ein
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drittes weiter entfernt, das total zerfetzt wurde und daneben einen Helm. Auf
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der Innenseite war der Name des dazugehörigen Soldaten zu lesen, es war einer,
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den wir suchten. Ich bezweifelte stark, dass der noch lebte. Wir suchten noch
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kurze Zeit in der Umgebung, doch es war nichts Weiteres zu finden. Wenn die
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noch leben, wo sind die dann hingegangen und warum hätten sie ihre ganze Ausrüstung
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liegen gelassen? Das machte für mich keinen Sinn und für die anderen
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höchstwahrscheinlich genau so wenig. Ich glaubte, wir können diese Übung
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abbrechen. Ich machte mich auf dem Weg zurück zur verloschen Feuerstelle, wo
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sich auch die anderen aufhielten. Dann kam ein Geräusch auf. Es klingt wie ein
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entferntes Rauschen, wie ein sanfter Winder, der durch die Bäume zieht. Ein
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normales Geräusch, wohl wahr, doch nicht in diesem Wald. Hier klingt es fremd
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und bedrohlich. Verdammt bedrohlich. Ich blieb stehen und lauschte, drehte mich
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um und wollte das Geräusch lokalisieren, doch es schien von überall
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herzukommen. Die anderen schienen es nicht zu bemerken und liefen normal
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weiter. Spielt mein Verstand nun verrückt? Ich beschleunigte meinen Schritt.
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Der Klang blieb immer noch leicht im Hintergrund, als wäre es gar nicht hier.
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Ich ging schneller. Beim Lagerfeuer angekommen wartete ich auf weitere
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Anweisungen und hoffte inständig, dass der Zugsführer einfach die Mission als
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fehlgeschlagen beendete und wir hier endlich verschwinden können. Als wir uns
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alle versammelt hatten, trat unser Führer hervor und fing an zu sprechen. Doch
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ich konnte seinen Worten nicht folgen. Das Rauschen im Hintergrund war immer
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noch anwesend und schnitt seine Worte ab, ehe sie mich erreichen konnten. Was
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ist nur los? Plötzlich schwellte das Rauschen an. Es kam irgendwie näher. Jetzt
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drehten auch andere ihre Köpfe verwundert in alle Richtungen, doch es schien
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noch immer nicht jeder zu hören. Unser Führer sprach immer noch weiter, aber ich
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konnte ihn nun gar nicht mehr hören. Ich hielt meine Ohren zu, doch es half
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nichts. Das Geräusch kam näher und näher. Irgendwann meinte ich, einzelne
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Schreie zu hören. Verzweifelte Laute voller Schrecken und Angst. Wie die
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Stimmen von tausend Leuten, die gerade immer und immer wieder ihren letzten
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schmerzvollen Augenblick ihres Leben durchspielen. Endlich hörte auch der
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Leiter auf zu sprechen und sah sich um. Jeder tat das. Das ist definitiv nicht
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normal. Ich erkannte nun deutlich einzelne Schreie aus dem Geräusch, die nur
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kurz aufschwellten und dann kurz darauf gleich wieder im Rauschen verschwand.
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Wir gingen abermals in Angriffsbereitschaft über. Ich zog man Sturmgewehr und
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entsicherte es. Meine Augen gingen jeden dunklen Ecken durch, doch ich erkannte
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nichts. Es war einfach zu dunkel und diese Schreie setzten sich in meinem Kopf
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fest. Ich hörte sie unmittelbar vor mir. Jemand schreit mir voll ins Gesicht,
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aber ich sehe ihn nicht. Schweiss bildete sich auf meiner Stirn, obwohl es
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arschkalt war. Ich klammerte mich an mein Gewehr. Ein unvermittelter Knall
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drang durch das Rauschen. Etwas surrte schnell und Einer von unseren Reihen
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wurde von den Beinen gerissen und drei Meter in die Luft katapultiert, ehe er
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im Dunklen verschwand. „Deckung!“ schrie jemand und alle rannten umher. Ich
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lief zu einem toten Baustamm und schmiss mich dahinter. Danach hielt ich den
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Lauf meines Gewehrs in die Richtung, von der ich meint den Schuss gehört zu
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haben. Aber durch das Visier war nichts zu erkennen. Die anderen suchten ebenso
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verzweifelt nach dem vermeintlichen Schützen. Ich dachte für eine kurzen
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Augenblick, einer von uns hätte den Schuss abgefeuert, doch dann hätte es
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keinen von uns erwischt. Das Geräusch verwandelte sich in einzelne Schreie und
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die kamen von allen Seiten, wir waren davon umzingelt. Es knallte abermals, ein
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surren und wieder wurde einer von uns getroffen. Er wurde von einem hellen
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blauen Strahl begleitet und verfehlte meinen Kopf nur um wenige Zentimeter. Der
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Getroffene wurde in die Luft geschleudert, doch sein Flug beendete ein
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Baumstamm, in den er knallte. Als er auf den Boden aufschlug, blieb er
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regungslos liegen. Doch ich achtete nicht wirklich darauf. Als der Schütze
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seinen Schuss abfeuerte, wurde seine Umgebung kurzzeitig erhelt und ich konnte
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ihn erkennen. Ich riss mein Sturmgewehr rüber, zielte und drückte den Abzug.
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Ich war der erste von uns, der feuerte. Ich feuerte Kugel nach Kugel ab, ohne
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meinen Gegner wirklich zu erkennen. Doch während ich feuerte ging mir der
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Umriss des Schützen nicht aus den Augen. Es war kein Mensch, auf den ich
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schoss. Schon seine Körpergrösse war mindestens über zwei Meter. Und seinen
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spitzer Kopf verlängerte die Grösse nochmal um einen halben Meter. Seine Arme
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und Beine waren ebenso überlang. War dieses Ding die Ursache für die immer noch
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anhaltenden Schreie? Von weitem konnte ich auch keine Waffe erkennen, doch es
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war zweifelsohne dieses Wesen. Nach ein paar Schüssen legte ich eine Pause ein
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um zu sehen, ob ich überhaupt etwas bewirkte. Dann sah ich, dass sein Arm
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plötzlich anzuschwellen begang und länger wurde. Er richtete damit wie einen
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langer Zeigfinger auf mich, als ob er damit sagen wollte, dass ich der nächste
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bin. Ich schmiss mich sofort wieder hinter den Baumstamm und gleichzeitig
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knallte es. Der blaue Strahl „surrte“ über mich hinweg, quer über das
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verlassene Lager, an mehreren Soldaten vorbei und schlug dann in einen Baum
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ein. Der Stamm splitterte und einen grossen Stück Holz wurde aus dem Baum
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gerissen. Die Splitter flogen bis zu mir und klopften auf meinen Helm. Laub
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wirbelte durch die Luft. Ich hatte keine Ahnung, was das für eine Waffe sein
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sollte, doch es war definitiv nicht von dieser Welt. </p>
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<p class=MsoNormal>„Rückzug!“ War zu hören und alle wendeten sich ab und
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rannten in die entgegengesetzte Richtung. Dieses eine Wesen hatte innerhalb
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nicht mal einer Minute zwei von uns getötet und beinahe hat es auch mich
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erwischt. Ich ging von meiner Deckung hervor und rannte los. Bei einem kurzen
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Blick zurück, konnte ich das Monster schon wieder nicht erkennen oder es war
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verschwunden. Ich rannte zu den anderen und wir bildeten eine Formation.
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Zusammen liefen wir so schnell wie möglich den Weg zurück, den wir kamen, doch
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diese Schreie hörten einfach nicht auf. Sie waren immer noch überall aber doch
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nirgends. Wir rannten immer noch. Wir kamen an dem zerstörten Dorf vorbei und
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verliessen es dann gleich wieder. Ich blickte immer wieder zurück, um
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sicherzugehen, dass diese Tier uns nicht verfolgte. Erleichternd stellte ich
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fest, dass die Schreie langsam verstummten. Auch die anderen waren sichtlich beruhigt.
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Wir reduzierten unser Schritttempo ein wenig. Das nächste Ziel wäre dann,
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diesen verfluchten Wald zu verlassen. Obwohl eigentlich keine Gefahr mehr
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bestand, liess mich der misstrauische Gedanke nicht los, dass es noch nicht
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vorbei war. Solch ein Lärm an einem Ort, an dem es totenstill ist, kann doch
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nicht unbemerkt gewesen sein. Ich blickte an den Baumstämmen hoch an die
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Stelle, an der sich eigentlich der Himmel hätte befinden sollen. Anstelle
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blickte ich nur auf eine dunkelgraue Nebeldecke, in die sich lange dünne
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schwarze Stämme wie Finger erstreckten. Ich dachte an die Soldaten, die spurlos
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verschwunden waren und auch an dieses seltsame Monster, das uns angegriffen
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hatte. Sind die Männer etwa auf die gleiche Weise umgekommen wie die aus meiner
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Einheit? Was lebt denn noch alles in diesem Wald?</p>
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<p class=MsoNormal>Wir kamen zu der Stelle, an der die riesigen Würmer uns das
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erste Mal demonstriert haben, was hier so haust. Es kann nicht mehr weit bis
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zum Ende sein. Ich bekam schon das Mistrauen los, doch das sollte sich als
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Fehler herausstellen. Im Augenwinkel meinte ich etwas gesehen zu haben. Ich
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drehte meinen Kopf, blickte jedoch nur in schwarze Leere. Ich folgte weiter
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meinen Kameraden, als wieder etwas auftauchte, dieses Mal jedoch von einem
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Geräusch begleitet. Wie wenn ein Tier schnell vor einem Fressfeind durch
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Gebüsch und Sträucher flieht. Jedoch kam dieses Geräusch direkt auf uns zu. Und
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noch eins. Überall raschelten Blätter und Sträucher. Ich machte mich bereit.
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Wir gingen in Formation und beschleunigten unser Tempo. Meine Waffe fühlte sich
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kalt an und sie lag schwer in meiner Hand. „Achtung!“ Schüsse fielen und jemand
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schrie. Es knallte noch ein paar mal und noch ein Schrei ertönte. Und noch
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einer. Ich drehte mich um und erkannte, dass keiner von uns getroffen wurde und
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dass einige von uns auf irgendetwas schossen. Die Schreie mehrten sich, bis sie
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nicht mehr zu unterscheiden waren. Plötzlich war etwas in meinem Blickfeld.
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Jemand rannte auf mich zu im vollen Sprint. Ich zielte direkt auf ihn. Er
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rannte wie ein Verrückter, unermüdlich. Das spezielle daran war, dass es ein
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Mensch war. Ich konnte seine Kleidung klar erkennen. Und dann riss er sein Mund
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auf. Im ersten Augenblick dachte ich, dass sein Kiefer abfallen würde. Man
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hätte damit locker ein ganzes Stück Torte auf einmal verdrücken können. Doch
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aus diesem Mund ertönte ein weiterer Schrei. Ein Schrei direkt aus der Hölle.
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Es durchdrang mich wie Schwerter und meine Seele erschütterte. Ich drückte den
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Abzug. Leere Hülsen spickten aus dem Gewehr und der Schrei verstarb. Die Person
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brach im Sprint zusammen, überschlug sich wenige Male im Laub und kam direkt
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vor meinen Füssen zum Stillstand. Aber es waren immer noch unendlich weitere
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Schreie zu hören, sie kommen von überall her. Jeder von uns schoss mit seinem
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Gewehr auf schreiende Leute, die einfach mit weit aufgerissenen Mund auf uns
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zurannten. Noch einer kam auf mich los als wäre es das letzte in seinem Leben,
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was er tun würde. Und das war es auch. Der Schrei verstummte. Als ich von der
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Leiche aufsah und weiter in die Ferne blickte, sah etwas Grausames. Eine
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riesige Horde näherte uns. Es waren hunderte, wenn nicht tausende die mit
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demselben unnatürlich aufgerissenen Mund auf uns losgingen. Es dröhnte und der
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Boden vibrierte. „Lauft!“ einige hörten auf zu schiessen und blickte auf die
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unfassbare Masse, die sich wie eine Sturzwelle uns näherte. Jetzt rannten auch
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wir. Einer wollte mich gerade von der Seite packen, doch ich verhinderte das
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und durchlöcherte ihn. Dieser kam mir sogar so nahe, dass ich sein Gesicht
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erkennen konnte. Ich zweifelte daran, dass in diesen Personen noch irgendetwas
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menschliches übrig war. Ihre Augen glühten in einem tiefen Rot und ihre Haut
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war schwarz und zerfallen. Es war ein Wunder, dass diese Menschen nicht
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komplett zerfielen. Aber ich machte mir keine weiteren Gedanken, sondern rannte
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nur. Zwischendurch lud ich ein neues Magazin in mein Gewehr oder ich schoss auf
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gefährlich nahekommende „Leute“. Irgendwie klappten sie einfach zusammen, wenn
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man auf sie feuerte. Wahrscheinlich weil sie sowieso schon tot waren. aber für
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jeden Ausgeschalteten kamen fünf Neue dazu. Der Waldrand konnte nicht mehr weit
|
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sein. Auf einen Schlag kam so ein Ding aus einer dunklen Ecke hervorgesprungen
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und packte den Soldaten direkt vor mir. Er wurde auf den Boden gerissen mit dem
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Monster auf seinem Bauch. Im ersten Moment dachte ich, es wäre aus mit ihm,
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doch der Mann konnte noch sein Gewehr zwischen sich bringen und versuchte
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verzweifelt das Ding von ihm abzuschütteln. Aber es schrie im selben grausamen
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Ton wie alle anderen und streckte seine verkrüppelten Hände nach seinem
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Gesicht, konnte es aber nicht erreichen. Ich drehte mich um und ging
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unmittelbar vor die beiden Kämpfenden. Ich richtete mein Gewehr auf das Wesen.
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Es hatte ein kariertes Hemd an, doch seine Hose war zerfetzt und fast nicht
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|
mehr vorhanden. Vielleicht war es einmal ein Familienvater. Ich gab eine Salve
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in seinen Kopf ab. Der halbe Schädel wurde aufgerissen, doch kein Blut
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spritzte. Eine Staubwolke war alles, was aus diesem Ding hervorkam. Der Soldat
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am Boden stiess hastig den Körper von sich weg und wollte sich aufrappeln. Das
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vibrieren von der Horde wurde heftiger und auch die Geräusche schwollen an. Ich
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konnte meine anderen Kameraden fast nicht mehr sehen. Schnell zog ich ihn auf
|
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die Beine und wir folgten den Anderen. Irgendwann müssen wir doch mal hier
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rauskommen. Ich rannte so schnell wie meine Beine konnten, über Stock und
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Stein. Mehrmals stolperte ich fast. Irgendwann kam es mir so vor, als befänden
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sich die Aberhunderten direkt hinter mir und würden mich im nächsten Moment am
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Kragen packen. Ich hörte nicht mehr auf die immer lauter werdende Horde hinter
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mir. Etwa fünfzig Meter vor mir sah ich dann das Ende. Der dicke weisse Nebel
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war immer noch da. Anders als bei der Ankunft war das nun ein willkommener
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Anblick. Ich hatte nur noch den Ausweg vor Augen. Sträucher und tote Äste
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schlugen mir ins Gesicht, doch das war mir egal. Und plötzlich war ich
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draussen. Keine Bäume versperrten mir das Blickfeld, stattdessen der Nebel. Ein
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leichte Brise wehte mir ins Gesicht. Meine Kameraden verschwanden im Nebel vor
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mir. Ich rannte Ihnen hinterher, doch dann fiel mir etwas auf. Es war rein gar
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nichts mehr zu hören. Das Dröhnen und all die Schreie waren weg. Als hätten sie
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nie existiert. Ich blieb stehen und lauschte. Ich drehte mich um und blickte
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auf den schwarzen Waldrand etwa zehn Meter vor mir. Was ich sah, erschreckte
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mich. Ich ging ein paar Schritte darauf zu, um es besser erkennen zu können.
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Ich sah hunderte im gleichen Tempo wie vorhin auf uns zuspringen, aber gerade
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in dem Moment, als sie aus dem Wald traten, lösten sie sich auf. Wie verbrennendes
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Papier zerfielen sie in kleinste Teilchen und wurden vom Winde verweht. Die
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Gesichter waren für kurze Zeit zu erkennen, ehe sie in Staub zerfielen. Danach
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kam ein anderer nach und das selbe passierte. Und noch einer. Es hörte nicht
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mehr auf. Die Fetzten schwebten lautlos an mir vorbei. Ich konnte den Blick
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nicht abwenden. Pro Sekunde lösten sich hier mehrere Duzend Leute auf. Obwohl
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sie nicht mehr viel mit Menschen gemeinsam hatten, waren sie zweifelsohne
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einmal welche. Es hörte nicht mehr auf. Die Luft war nun voll mit kleinen
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glühenden Fetzten, die von den Menschen stammten. Sie schwebten überall umher
|
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und geleiteten langsam wie Schneeflocken auf den Boden. </p>
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<p class=MsoNormal>Ich wendete mich ab. Was ist das für ein Wald? Wie ist er
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entstanden und warum ist er hier? Das alles fühlte sich nicht real an. Ich lief
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langsam los. Ich blickte nicht zurück, denn ich wusste genau, dass sich in
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meinem Rücken immer noch das selbe abspielt. Ich überlegte mir, wie es wohl
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aussähe, wenn die ganze Welt von dem Wald verschlungen wäre. Wir können es
|
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nicht aufhalten. Es wurde wärmer und der Nebel löste sich auf. Meine Einheit
|
|
wartete auf mich. Unsere Mission war gescheitert.</p>
|
|
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|
|
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