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<title>Das Traumschloss</title>
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<p>Zurück</p>
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<main>
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<h2>Das Traumschloss</h2>
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<p class=MsoNormal>Die Nacht war so dunkel wie der Rabe schwarz ist. Der Mond
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schien hell durch die dünne Wolkenschicht und beleuchtete damit ein bewaldetes
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Tal. Die dahinterstehenden Berge waren schwach an den Umrissen zu erkennen. Das
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kleine Tal könnte tagsüber sicherlich einladend gewesen sein, doch heute Nacht hatte
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es etwas sehr Bedrohliches an sich. Ein Nebelfilm legte sich über das gesamte
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Tal und wer weiss, was sich dort alles tummelte.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich fühlte mich nicht sehr wohl als ich einen bepflasterten
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Weg an einem Berghang folgte. Dabei begleitete mich das gewaltige Panorama des
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Tales.</p>
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<p class=MsoNormal>Nach kurzer Zeit erreichte ich es: ein riesiges Schloss. Es
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befanden sich unmittelbar vor einem felsigen Abhang und erstreckt sich in den
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Wald hinein. Es war nicht zu erkennen, wie lang diese Gebäude war, da das Ende
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nicht zu erkennen war. Die Fassade des Gebäudes war genauso schwarz wie die
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Umliegende Natur. Es fügte sich perfekt in ihre Umgebung ein, war sogar für das
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unachtsame Auge nicht auszumachen. Nur ein paar vereinzelte beleuchtete Fenster
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verrieten, dass an dieser Stelle ein gigantisches Gebäude auf mich wartete.</p>
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<p class=MsoNormal>Irgendwie schien diese Gebäude schon Ewigkeiten an diesem
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Ort zu existieren. Eine merkwürdige Aura umgab das Schloss, es erweckte den
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Eindruck, als ob es einen eigenen Willen hätte. Eine kleine edle Treppe führte
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zur Eingangstüre. Die Ecken bildeten zwei enorme Türme, die bis in die
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Wolkendecke ragten, genau so schwarz wie der Nachthimmel. Beide Türme waren
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gespickt mit unzähligen steinernen Figuren, die das Tal beobachteten. Die Türe
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war, wie alles hier, auch übergross.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich hörte Festgeräusche im Inneren. Beim Eintreten
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überflutete mich eine Welle von Licht. Ein schöner Eingangsbereich begrüsste
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mich, eine Treppe mit einem roten Teppich führte zu einer zweiten, normaleren
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Tür, die zum Fest zu führen schien. Der Raum war grosszügig verziert und
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überall an den Wänden hingen Portraits von irgendwelchen Adligen und hier und
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da standen Stühle und Tische, Vasen in Ecken und in einem Kaminfeuer brannte
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wollig ein kleines Feuer. Es war ein sehr gepflegter Raum, und doch war noch niemand
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hier.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich trat nun ein und hielt auf die Tür vor uns zu. Sie war
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nicht abgeschlossen und wir öffneten sie. Wie erwartet, fand hier ein Fest
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statt. Ein <span class=SpellE>Meer</span> an Meschen, dicht aneinandergedrängt
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erfüllte die Luft mit ihrem Geschwätz. Man konnte einzelne Gesprächsfetzen
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erkennen, die aber sogleich wieder im Lärm verschwand. Unterstrichen wurde das
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monotone Gesprächsgemisch von klassischer Musik, die von überall her zu kommen
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schien. Das andere Ende des Saales war fast nicht zu erkennen, aber dort befand
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sich auf jeden Fall eine weitere Türe. </p>
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<p class=MsoNormal>Ein goldener Kronleuchter hängte mitten im Saal. Mit seinem
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geschwungenen Design sah er fast lebendig aus. Als ich den Ketten, an dem er
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hängte mit den Augen folgte, verlor ich sie in einer endlos hohen Decke. Die
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Decke war so hoch, dass sich sogar schon Wolken im Inneren des Gebäudes
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gebildet hatten. An den Wänden hängten wie schon im Vorraum Bilder. Je höher
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die Wand wurde, desto kurioser wurden auch die Bilder und Figuren, die darin
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dargestellt gewesen sind, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. Wer weiss, was
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für Bilder in dieser unendlichen Höhe noch hängen mögen. Der Saal war für seine
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Grösse aber trotzdem prall gefüllt und die Gäste tanzten und redeten
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miteinander. Sie waren alle festlich gekleidet.</p>
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<p class=MsoNormal>Auf dem Weg zur anderen Türe beachteten sie mich nicht,
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obwohl man mir anmerkte, dass ich nicht in so ein Fest gehörte. Sie machten mir
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zwar Platz, wenn ich mich zwischen sie hindurchzwängte, doch niemand blickte mir
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in die Augen oder nahm Notiz von mir. Einmal gesehen, waren wir anscheinend schon
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wieder aus ihrem Gedächtnis gelöscht und sie widmeten sich wieder ihren
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persönlichen Angelegenheiten.</p>
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<p class=MsoNormal>Nach kurzer Zeit habe ich die Tür an der anderen Seite
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erreicht. Doch diese war anders. Sie war in einem bogenartigen Gewölbe
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eingelassen und hatte eine normale Grösse. Ausserdem war sie mit einem blutigen
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Rot gestrichen. In der Mitte der Türe befand sich ein Schlüsselloch. Nach einem
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kurzen Versuch, die Tür zu öffnen, machten ich mich auf die Suche nach dem
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Schlüssel. Er muss irgendwo in diesem Raum sein.</p>
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<p class=MsoNormal>Auf der Suche stiess ich auf eine Reihe Miniatur-Häuschen.
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Sie waren alle einzigartig und jedes Einzelne wurde sehr sorgfältig
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angefertigt. Sogar die Innenausstattung fehlte nicht. Es hätten kleine Menschen
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darin Leben können. </p>
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<p class=MsoNormal>Nach kurzer Bewunderung des kleinen Handwerks, liess ich es
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hinter mir, als gleich nochmals etwas Unglaubliches meinen Blick einfing. In
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einer Nische, die in der Wand eingelassen war, stand ein uralter Baum. Seine
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Baumkrone reichte fast ein Viertel in den Saal hinein, was doch eine
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beträchtliche Distanz war.</p>
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<p class=MsoNormal>Meine Suche nach dem Schlüssel ging weiter. Ich wusste
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nicht, wie lange und wo ich überall gesucht hatte, doch nach einem Blick in so
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ein Miniatur-Häuschen fiel mir etwas Eigenartiges auf: Anstelle von den sonst üblichen
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kleinen Möbeln stand in einem der Modelle zwei grössere Schachfiguren. Könnten
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das die gesuchten Schlüssel sein? Eines der Figuren war eine Dame, deren Holz
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dunkel und schön lackiert war. Die zweite Figur war ein Läufer, eher kleiner und
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heller. Beide waren schlicht gefertigt, aber jede Rundung und jede Einkerbung
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im Holz war sorgfältig verarbeitet worden.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich öffnete das Fenster und nahm die Figuren heraus. Sie
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waren etwas grösser als gedacht, sie füllten fast meine ganze Hand aus. Es war
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nun an der Zeit, die blutrote Tür zu öffnen.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich zwängte mich wieder durch die Gäste, die immer noch wie
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Attrappen umherliefen. An der Tür angekommen steckte ich den Schlüssel in das
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Schloss. Er passte perfekt.</p>
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<p class=MsoNormal>In der Türe wurde ein komplizierter Mechanismus in Gang
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gesetzt. Es stellte sich heraus, dass die ganze Tür aus Zahnrädern und Kolben
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bestand, die sich nun in der Tür umherbewegten, begleitet von einem wirren
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Geräusch der arbeitenden Komponenten. Nach kurzer Zeit endete der Vorgang und
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die Kolben kamen zum Stillstand und das Rattern verstummte.</p>
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<p class=MsoNormal>Einige Gäste warfen einen flüchtigen Blick auf mich, gingen
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dann aber schnell wieder weiter. Ihre Blicke waren von Misstrauen erfüllt. Ich
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bekam das Gefühl, dass diese Leute, oder besser gesagt, dieses ganze Gebäude, mich
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nicht gehen lassen will. Das war alles wie ein Spiel. Es lief mir kalte den
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Rücken hinunter, als ich diese Blicke bemerkte.</p>
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<p class=MsoNormal>Ein Versuch, die Tür aufzudrücken, scheiterte. Sie rührte
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sich keinen Millimeter. Der zweite Schlüssel musste wohl auch verwendet werden.
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Ich wollte ihn gerade hervorholen, doch er war nicht mehr bei mir. Wo ist er? Ich suchte verzweifelt in der
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näheren Umgebung. Und dann sah ich ihn. Er lag direkt vor den Füssen einer
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Frau, die allein am Tisch sass und ihren Tee trank. Die Blicke der Gäste
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häuften sich immer mehr. Obwohl ich mich nicht merkwürdig verhielt, machte ich
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scheinbar etwas, was den Gästen ganz und gar nicht passte. Grosses Unbehagen
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überkam mich. Wenn ich nun den zweiten Schlüssel direkt vor einem solchen Wesen
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wegschnappe, könnte die ganze Lage eskalieren. Aber ich hatte keine andere
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Wahl.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich ging langsam zur Frau. Unterwegs trafen mich immer
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wieder diese flüchtigen Blicke der Gäste. Ich stand nun direkt vor der Frau.
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Als ich mich gerade bücken wollte, hob sie selbst die Schachfigur auf. Es war
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die Dame. Die Frau betrachtete die Figur sehr eindringlich, und dann reichte
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sie sie mir mit den Worten: „Du hast nicht mehr viel Zeit...“</p>
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<p class=MsoNormal>Ohne viel zu hinterfragen, eilte ich wieder zur Tür. Die
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Gäste wurden immer unruhiger. Einige blickten mir schon nach oder rümpften die
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Nasen. Endlich an der Tür, steckte ich den Schlüssel in das Schloss, zögerte
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dann aber. Was passiert, wenn ich nun die Tür öffne? Auf jeden Fall nichts Gutes.
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Dieses Schloss lässt mich nicht einfach so gehen. Sie wird mich irgendwie
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aufhalten wollen.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich drehte die Schachfigur langsam, bis es leise klickte.
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Dabei spürte ich deutlich, wie der Schlüssel seine Arbeit tat. Der Mechanismus
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setzte fort, die Kolben und Zahnräder drehten weiter, bewegten sich. Es war
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wahrlich ein schöner Anblick, wie jedes Glied dieser Türe zusammenarbeitete und
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alles funktionierte. Wieder verging ein bisschen Zeit, bis der Vorgang mit
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einem lauten Einrasten eines Kolbens beendet wurde. Der Knall breitete sich im
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ganzen Saal aus, wurde von den Wänden wieder reflektiert und ging bis in das
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unendliche der Decke. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Nachhall
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verklungen war, und dann war es still im Saal. Totenstill. Jeder im Saal blieb
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wie angewurzelt stehen und durchbohrte mich mit ihren ausdruckslosen Blicken
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wie Schwerter. Niemand rührte sich. Ich muss hier raus!</p>
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<p class=MsoNormal>Ich zog die Figur schnell wieder aus dem Schloss und stiess
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die Tür in der Mitte auf. Dahinter war ein kleiner Raum, ähnlich wie der am
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Eingang. Doch das kümmerte mich wenig. Ich rannte nun los. Die Treppe hinab und
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den Gang entlang. Ich rannte an unzähligen Bildern, Tische und Stühle vorbei.
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Wenn hier nicht alles so verrückt wäre, könnte es sich hier gut leben lassen.
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Ich blickte zurück und sah die Gäste aus dem Saal direkt hinter mir, aber sie
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rannten nicht, sie liefen nur ganz normal und doch blieben sie mir dicht auf
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den Fersen. Ihre Gesichter waren genauso ausdruckslos wie vorher, wie Puppen,
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die bloss an Fäden gezogen werden.</p>
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<p class=MsoNormal>Es kam eine neue Tür. Dieses Mal ein grüne mit demselben
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Schlüsselloch in der Mitte wie die rote gehabt hatte. Wahllos steckte ich eine
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der beiden Schachfiguren in das Schlüsselloch und drehte ihn. Es klickte und
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ein Mechanismus setzte ein. Es war aber ein wesentlich Kürzerer. Ich stiess sie
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wieder auf und rannte weiter, ohne einen Blick nach hinten zu werfen.</p>
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<p class=MsoNormal>Weiter vorne erkannte ich ein Ausgang. Ich gelangte in einen
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Innenhof des Schlosses. Es war immer noch Nacht und der Mond beleuchtete
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schwach die Berge am Horizont. Im Innenhof wuchsen zwei riesige Bäume. Sie
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waren schneeweiss und schienen die ganze Umgebung zu beleuchten. Wer weiss wie
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lange die hier schon stehen. Eine Mauer schloss den ganzen Innenhof ein.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich rannte unter den Bäumen hindurch, zum anderen Ende des
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Hofes. Dort erwartete mich wieder zwei weiter Türen. Beide Schlüssel passten
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auf jeden Fall in einen von beiden. Ich blickte nochmal zurück und stellte
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erleichtert fest, dass wir etwas Vorsprung zu den Verfolgern gewonnen haben.<br>
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Ich rannte geradewegs zur linken Tür in der Mauer. Ich zog die Schachfigur
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hervor und betrachtete sie nochmals für einen kurzen Augenblick: eine schwarze
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Dame.</p>
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<p class=MsoNormal>Ich steckte sie in das Schloss. Doch ehe ich sie umdrehen
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konnte, griffen kleine eiserne Zangen, die aus der Tür hervorkamen, nach dem
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Schlüssel und zogen ihn anschliessend in das Schloss hinein. Die Tür öffnete
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sich und gab den Weg frei. Ich blickte zurück und sah die ferngesteuerten Gäste
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auf uns zukommen.</p>
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<p class=MsoNormal>Durch die offene Tür rannte ich hinaus, und ich gelangte auf
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einen gleichen bepflasterten Weg wie der, auf dem wir angekommen sind. Am
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Waldrand blieb ich stehen, irgendetwas stimmt nicht. Ich drehte mich um und sah
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die offene Tür. Dahinter das riesige in Nebel gehüllte Schloss, das von der
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Nacht verschluckt wurde. Sind die anderen auch entkommen? Vor der offenen Tür
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standen die Leute vom Festsaal und starrten mich an. Sie schienen nicht einmal
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zu blinzeln. Aber wenigstens verfolgten Sie mir nicht mehr. Was sind das für Wesen?
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Ich blieb noch für kurze Zeit stehen und drehte mich dann wieder dem dunklen
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Wald entgegen.</p>
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